Arbeitswelt

Warum nichts das persönliche Gespräch ersetzen kann

Text: Marco Zysset
Fotos: Phil Wenger
Der «Schützen» in Steffisburg, BE, kommuniziert via App mit den Angestellten. Wie das der Zufriedenheit der Mitarbeitenden dienen soll – und warum am Ende trotzdem keine App den persönlichen Kontakt ersetzen kann.

WhatsApp haben wir abgeschafft – nicht zuletzt weil diese App primär privat gebraucht wird», sagt David Hauenstein. «Unsere Mitarbeitenden sollen an freien Tagen oder in den Ferien auch mal Ruhe vom Geschäft haben können.» Hauenstein ist Gastgeber im Schützen Steffisburg, BE – Hotel, Restaurant und Familienbetrieb mit langer Tradition. «Deshalb wird der familiäre Umgang bei uns auch gross geschrieben», sagt der Hoteldirektor. Was letztlich heisst, «dass keine technische Lösung die Kommunikation im persönlichen Gespräch ersetzen kann.»

«Wir verteilen jene Infos, die früher an Anschlagbrettern, Pinnwänden oder eben zuletzt über Whatsapp gelaufen sind, seit kurzem über die App Involve.»
David Hauenstein

Nur: mit mehr als 50 Mitarbeitenden ständig in persona zu kommunizieren, wäre dann doch etwas zu viel verlangt. Familiärer Geist hin oder her. «Deshalb verteilen wir jene Infos, die früher an Anschlagbrettern, Pinnwänden oder eben zuletzt über Whatsapp gelaufen sind, seit kurzem über die App Involve», erklärt Hauenstein. Involve ist ein Schweizer Produkt, das auf die Bedürfnisse von KMU und ihren Mitarbeitenden zugeschnitten ist. «So können wir nicht nur Informationen streuen, sondern auch Umfragen machen – oder die Angestellten können sich zum Beispiel direkt über die App für gemeinsame Anlässe anmelden», sagt der Patron. Anlässe, an denen selbstverständlich wieder das persönliche Miteinander im Vordergrund steht. Wie es sich für eine Familie gehört.

Aber Hand aufs Herz? Waren die Angestellten wirklich begeistert, als sie eine App vom Chef auf ihrem Smartphone installieren mussten? «Nun», sagt David Hauenstein, «wir haben alle Mitarbeitenden informiert, dass wir eine neue Kommunikationshilfe in unserem Betrieb einführen. Und ich gestehe, ich war eher überrascht, als ich sah, dass sich bis auf eine oder zwei Ausnahmen alle die App aufs Handy geholt haben.» Dass nicht alle mitmachen, könne er «sehr wohl» nachvollziehen, sagt David Hauenstein. «Ich bin auch nicht gerne dauernd am Handy.» In einem Gespräch habe er den betreffenden Personen aufgezeigt, wie sie die Informationen, welche über die App verbreitet werden, auf anderen Wegen holen können. «Denn es ist eine Holschuld, sich zu informieren», stellt er klar.

Die Einführung der Involve-App ist Teil eines ganzen Pakets an Massnahmen, mit denen das Familienunternehmen seinen Mitarbeitenden den Berufsalltag angenehmer gestalten will. Denn für David Hauenstein ist klar: «Es ist wichtiger, wertvoller – und letztlich auch günstiger – zufriedene Mitarbeitende zu halten, anstatt neue zu suchen, zu finden und in den Betrieb zu integrieren.» Wo früher ein Post auf Social Media reichte, um eine freie Stelle neu zu besetzen, ist heute der Gang über professionelle Stellenportale unumgänglich. «Zumindest, wenn man die guten Leute finden will», sagt Hauenstein. Und die Präsenz auf diesen Plattformen hat bekanntlich ein anderes Preisschild als jene auf Social Media.

Doch weil letztlich auch ein digitales Netzwerk die persönlichen Kontakte höchstens ergänzen, nicht aber ersetzen kann, betont David Hauenstein, dass bei der Suche nach qualifiziertem Personal nur erfolgreich sein könne, «wer auf allen Ebenen die Augen und Ohren offen hält und die Kontakte mit den Menschen persönlich und intensiv pflegt.»

Gastfreundschaft. Ein einfaches Wort und dennoch wichtig! Standhaftigkeit und Traditionsbewusstsein sind tragende Pfeiler des «Schützen» in Steffisburg, BE. Seine Verantwortung nimmt das Hotel-Restaurant auch gegenüber dem Nachwuchs wahr und bietet in mehreren Bereichen Lehrstellen an. Insgesamt rund 50 Angestellte bewirtschaften 45 Zimmer im Business-Hotel mit Saal sowie das Restaurant mit Bar. (maz)

www.schuetzen-steffisburg.ch

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